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Stadt Aichtal

Fluglärm-Debatte verschärft sich - Bürgermeister und Gemeinderäte fühlen sich übergangen.

Artikel vom 26.10.2023

Die Diskussion um die Lärmbelastung durch die neue Flugroute spitzt sich zu. Für Empörung sorgt der Umstand, dass Bürgermeister und Gemeinderäte aus Aichtal, Neckartailfingen und Schlaitdorf nicht oder erst sehr kurzfristig zu einer zentralen Informationsveranstaltung des Flughafens eingeladen wurden.

In dieser Veranstaltung wurden am Mittwoch, 25. Oktober die vorläufigen Ergebnisse der Fluglärmmessungen präsentiert, die von einem Gutachter, welcher wiederum von der Stadt Ostfildern beauftragt worden war, durchgeführt wurden. Während Bürgermeister, Gemeinderäte und Bürgerausschüsse aus Denkendorf, Unterensingen, Wolfschlugen und der Stadt Nürtingen, sowie die Presse an der Präsentation teilnehmen durften, wurden die Gemeinden Aichtal, Neckartailfingen und Schlaitdorf über die Veranstaltung zunächst nicht informiert.

Der Grund für die Nicht-Einladung der anderen Gemeinden war deren fehlende finanzielle Beteiligung an den Fluglärmmessungen. Bürgermeister Kurz aus Aichtal kritisierte dies scharf und merkte an, dass es ein "Unding" sei, den Zugang zu einer solchen Informationsveranstaltung von finanziellen Beiträgen abhängig zu machen. Er bezeichnete das Vorgehen als intransparent.

Die Gemeinde Schlaitdorf wurde nur wenige Tage vor der Veranstaltung vom Flughafen Stuttgart informiert, dass sie teilnehmen könne, da es noch freie Plätze gebe. Trotz mehrfacher Nachfragen erhielt Bürgermeister Kurz keine Einladung. Als Begründung wurde vom Flughafen angeführt, dass die Veranstaltung bei zu vielen Teilnehmenden unhandhabbar werde. Kurz kündigte daraufhin an, auch ohne offizielle Einladung an der Veranstaltung teilzunehmen.

Besonders empört zeigt sich Bürgermeister Wolfgang Gogel aus Neckartailfingen, der ebenfalls keine Einladung erhielt. Er sieht darin den Versuch, kritische Stimmen mundtot zu machen.

Wie die Bürgermeister Richter und Kurz berichten, sei von Vertretern des Flughafens, der Deutschen Flugsicherung und der Stadt Ostfildern, belegt durch die Ergebnisse des beauftragten Gutachtens versucht worden, die Lärmbelastung herunterzuspielen. Ihrer Ansicht nach handle es sich lediglich um eine „sehr geringe Mehrbelastung durch Fluglärm“. Einige argumentierten sogar, die Menschen hätten sich lediglich an die Ruhe während der Corona-Pandemie gewöhnt und empfänden den Fluglärm deshalb als störender. Sascha Richter dazu: „Ein Versuch, die Beschwerden als bloße subjektive Wahrnehmung abzutun?“

Deswegen wird in Aichtal, Neckartailfingen und Schlaitdorf kein Fluglärm gemessen

Aichtal, Neckartailfingen und Schlaitdorf – drei Kommunen, die direkt von der neuen Flugroute betroffen sind – stehen im Zentrum einer Kontroverse um die Finanzierung von Fluglärmmessungen und -gutachten. Trotz des potenziellen Einflusses der neuen Flugroute auf diese Gemeinden wurden dort keine Lärmmessungen durchgeführt, da sich die Kommunen nicht finanziell an den Kosten beteiligten.

Bürgermeister Kurz aus Aichtal argumentiert, dass es nicht Sache der Bürger und Gemeinden sein sollte, für Gutachten zu bezahlen, die infolge von Änderungen erforderlich werden, die von der Luftfahrtindustrie gefordert werden. "Das ist eine verkehrte Welt. Wenn Fluggesellschaften und der Flughafen Stuttgart von der neuen Route profitieren, sollten sie auch für die Kosten der Gutachten aufkommen und nicht die Steuerzahler", so Kurz.

Laut den drei Bürgermeistern sei es unangemessen, dass Gemeinden, die bereits mit den negativen Auswirkungen der neuen Flugroute konfrontiert sind, auch noch finanziell belastet werden, um die Auswirkungen dieser Route zu messen und zu bewerten.

Die Debatte um die Finanzierung des Fluglärmgutachtens und der Fluglärmmessungen im Zuge der neuen Flugroute intensiviert sich. Den Bürgermeistern zufolge hat das Gutachten den Steuerzahler bereits 31.000 Euro gekostet, und die Kosten für die Fluglärmmessungen betragen weitere 32.000 Euro. Die Bürgermeister von Aichtal, Neckartailfingen und Schlaitdorf wollten wissen, warum der Flughafen Stuttgart und die Fluggesellschaften nicht an den Kosten beteiligt werden. Die Antwort des Vorsitzenden der Fluglärmkommission war eindeutig, wenn auch nicht zufriedenstellend für viele: "Eine Kostenbeteiligung der Fluggesellschaften hat keine Rolle gespielt." Diese Reaktion stößt auf Unverständnis und Empörung bei den Bürgermeistern.

Im Verlauf der Veranstaltung hat der beauftragte Gutachter einen kritischen Punkt angesprochen, der für weiteren Gesprächsstoff sorgen dürfte. Er äußerte Zweifel an der Notwendigkeit flächendeckender Lärmmessungen in der betroffenen Region. Seine Argumentation basiert auf der Annahme, dass das Durchführen von Messungen an verschiedenen Orten im Endeffekt keine anderen Ergebnisse erbringen würde als die bereits vorliegenden Berechnungen. Mit anderen Worten: Die aktuell vorhandenen Daten und Modelle seien so präzise, dass zusätzliche Messungen keinen signifikanten Mehrwert bieten würden.

"Es bestätigt unsere anfängliche Einschätzung, dass die Kostenfrage in Bezug auf die Lärmmessungen kritisch betrachtet werden muss. Die Bürger sollten nicht für etwas zahlen, das nicht unbedingt notwendig ist", kommentierte Sascha Richter.

Die Bürgermeister sind der Ansicht, dass die finanzielle Last dieser Untersuchungen nicht auf den Schultern der Gemeinden und ihrer Bürger liegen sollte, insbesondere wenn Experten selbst die Notwendigkeit zusätzlicher Messungen in Frage stellen.

Ein weiterer Punkt, der in der hitzigen Diskussion um die neue Flugroute und ihre potenziellen Auswirkungen für Furore sorgt, ist die fehlende Definition von Erfolgskriterien durch die Fluglärmkommission. Bei einer jüngsten Anfrage zur Klärung, welche Standards und Kriterien herangezogen werden, um zu bewerten, ob die neue Route als erfolgreich oder nicht angesehen wird, gab der Vorsitzende der Fluglärmkommission zu Protokoll: "Wir haben in der Fluglärmkommission keine Kriterien beschlossen, das werden wir noch tun, wenn die Ergebnisse vorliegen."

Dieser Ansatz stößt auf erhebliche Kritik und Unverständnis sowohl von Seiten der Bürgermeister als auch der betroffenen Anwohner. Viele sehen darin einen Mangel an Transparenz und Planung. Es wird bemängelt, dass ohne klare Kriterien eine objektive Bewertung der Flugroute unmöglich sei. Außerdem besteht laut den Bürgermeistern die Befürchtung, dass die Kriterien nachträglich so angepasst werden könnten, dass die Flugroute in jedem Fall als "erfolgreich" eingestuft wird.

"Es ist essenziell, von Anfang an klare und nachvollziehbare Kriterien zu haben. Diese nachträgliche Herangehensweise wirft ernsthafte Fragen über die Integrität des gesamten Prozesses auf." So Bürgermeister Gogel.

Das Fehlen von festgelegten Kriterien zur Erfolgsbewertung der neuen Flugroute verdeutlicht die Notwendigkeit für mehr Transparenz und Kommunikation zwischen der Fluglärmkommission, den betroffenen Gemeinden und den Bürgern. Die Bürgermeister fordern „endlich mehr Ehrlichkeit“ von der Fluglärmkommission, der Deutschen Flugsicherung und dem Flughafen Stuttgart. Laut den Bürgermeistern wurde bereits viel Vertrauen verspielt, und die aktuellen Vorfälle würden weiteres Öl ins Feuer gießen.

Frau Rehle, Gemeinderätin aus Schlaitdorf, stellte die Frage nach der Höhenabwicklung, also einer horizontalen Darstellung der Route und Abweichungen von TEDGO alt und TEDGO neu und auch über den Höhenverlauf weiter Richtung Westen. Diese Frage konnte an der Veranstaltung nicht auseichend beantwortet werden.

Richter merkt an, dass die Berechnungen des Fluglärms das eine sei, aber die wirkliche Wahrnehmung die direkte Belastung für Mensch und Tier sei und diese spürbar zugenommen habe.

Die Flugsicherung informierte, dass es keine wirtschaftlichen Gründe für die neue Route gebe um noch mehr Passagiere abfertigen zu können. Aufgrund der Verwirbelung der Luft nach dem Start oder der Landung eines Flugzeuges müsse es ein Zeitfenster geben.

Abschließend wurde die Untersuchung der kürzeren Route mit einer CO2 – Einsparung argumentiert die auf Kosten von mehr Fluglärm für neue Gebiete gehe. Es steht also Lärm gegen CO2 – Ausstoß. Die Fluglärmkommission wird im nächsten Jahr darüber beraten.

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